Gunter Weißgerber / 15.02.2024 / 11:00 / Foto: Pixabay / 27 / Seite ausdrucken

Trump und die billigen NATO-Partner

Donald Trump greift säumige NATO-Partner an, und schon steigt hierzulande die Angst vor seiner Präsidentschaft. Doch hinter seinen krawalligen Worten wurden oft richtige Entscheidungen getroffen. Und verglichen mit der Transformation Deutschlands wird es bestimmt nicht irrer.

Donald Trump ist der Welt als verbal schnellschüssiger und treffsicherer Cowboy zwischen Buffalo Bill und Jesse James bekannt. Jeder Wortschuss ein Treffer. Die weltweite Aufregung überholt dabei regelmäßig seine Schießgeschwindigkeit. Ein begnadeter Wahlkämpfer, könnte man wertfrei sagen. Der Wahl-Kampfring sind die Vereinigten Staaten. Im Ring wird der US-Präsident gewählt, nicht in Deutschland, nicht in Europa, nicht in der Welt. Äußere Kollateralschäden sind dem Binnen-Wahlkämpfer Trump völlig schnuppe. Der Rest der Welt ist nach der Inauguration am 20. Januar 2025 für ihn wieder interessant. Vorher nicht.

Wie Donald Trump dereinst in die Geschichte eingehen wird, weiß selbst die Geschichte noch nicht. Wird er sich als ein Buffalo Bill, der sich „Vom Büffelschlachter zum Indianerfreund“ entwickelte und heute zu den eher positiven US-Helden zählt, in die Historie einreihen oder wird er als die Wiederkehr des Banditen Jesse James zukünftige Geschichtsbücher füllen? Waghalsige Theorien zum Überleben des Jesse zirkulieren wohl noch immer durch die Westernluft.

Sei es, wie sei. Wir hier in good old Germany haben null Einfluss und können nur der Dinge harren, die da kommen werden. Stellen sich die deutsche Politik, die Medien und die Öffentlichkeit erneut so dämlich hinsichtlich Donald Trump an, oder versuchen sie es zur Abwechslung mal mit Intelligenz und Weitsicht?

Ab 2016 jedenfalls verschrien unsere Oberschlauen den US-Präsidenten Trump zum Beelzebub like Adolf Hitler. Putin, Kim, Assad schienen kleine Jungs gegen den extraordinärbösen Donald zu sein. Der begann zwar keinen Krieg, schuf mit den Abraham Abkommen eine historische Chance auf Frieden in Nahost und sprach mit den Diktatoren der Welt – egal. Böse ist nun mal böse. Weil er ein Republikaner ist?

Die US-amerikanischen Schwarzen verdankten dem Republikaner Abraham Lincoln Mitte des 19. Jahrhunderts das Ende der Sklaverei in den Vereinigten Staaten (die US-Demokraten vertraten damals erbittert die Sklavenhalterinteressen), die Mittelosteuropäer wurden Ende des zwanzigsten Jahrhunderts Gewinner des republikanischen Wettrüstens gegen „Obervolta mit Atomwaffen“ (Helmut Schmidt). Was kommt jetzt mit einem möglichen republikanischem US-Präsidenten Donald Trump in möglicher zweiter Amtszeit auf uns zu? Die Wiederauflage seiner ersten Präsidentschaft oder ein anderer, rachsüchtiger POTUS (President of the United States) dort im Weißen Haus?

Nichts dazu gelernt, oder?

Die Bundesregierung und die politische Führung der EU sind heuer gut beraten, in den Archiven zu wühlen. Wer zog wann und wo mit welchen Mitteln den Präsidenten der Welt- und Schutzmacht USA durch die parteipolitische Kloake? Spitzenpolitiker sollten nicht zu empfindlich sein! Im Austeilen sind sie meist ja auch nicht schlecht. Ob Donald Trump, ein Mann mit einem Elefantengedächtnis und als Raubein bekannt, sich diesen Grundsatz zu eigen nimmt, darf wahrscheinlich bezweifelt werden.

Trump wird beispielsweise noch genau wissen, wie peinlich sich der juso-ähnliche Außenminister Heiko Maas in der UNO anlässlich von dessen Rede benahm. Mit Putin, Kim oder Assad hätte sich das politische Kind Maas sowas nicht getraut. Im Umgang mit dem US-Präsidenten war sein Benehmen innerhalb der europäischen Schickeria en vogue. Und jetzt droht der Hammer zu fallen. Zurück auf die säumigen Beitragszahler. Zum Lachen wäre das, wäre es nicht so ernst.

Auch dürfte noch vielen Lesern das Foto mit Donald Trump, Angela Merkel und anderen Regierungschefs beim G7-Gipfel in Kanada in Erinnerung sein. Vor allem im deutschen Mainstream wurde ein Blickwinkel präsentiert, der einen von Angela Merkel belehrten US-Präsidenten zeigte. Tatsächlich redete die deutsche Kanzlerin auf Trump ein, der sich von ihr überhaupt nicht beeindruckt zeigte. Der deutsche Regierungssprecher Steffen Seibert war für die verzerrende Sicht auf die Regierungschefs verantwortlich. Er postete in täuschender Absicht sein Foto in die Medienwelt. „Merkel gibt Trump Saures“ – so ähnlich lauteten die Parolen in Deutschland.

In Washington kam das ganz anders an. Donald Trump wird auch das noch wissen. Und wer ist heute der deutsche Botschafter in Israel? Richtig. Der Seibert Steffen. Das kann ja Eiter werden, würde Otto Waalkes sagen.

Und dann der Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland! 2016 mischte sich Frank-Walter Steinmeier in den US-Wahlkampf ein und zieh den Präsidentschaftskandidaten Trump einen „Hassprediger“. Nach Trumps Wahlsieg verweigerte er ihm zunächst die Gratulation und äußerte stattdessen seine Sorgen über den kommenden Mann im Weißen Haus. Mit den Potentaten dieser Welt pflegt der amtierende Bundespräsident freundlicher umzugehen.

Nicht zahlen aber fordern?

Ich schätze, Olaf Scholz wird Heiko Maas, Steffen Seibert und Frank-Walter Steinmeier nach dem 20 Januar 2025 an Donald Trump nach Mar-a-Lago wohl oder übel ausliefern müssen. Des Donalds Füße küssen dürfte dabei eine harmlose Strafe sein. Vielleicht lässt er sie auch ihre UN- und sonstigen Auftritte in Dauerschleife bis zum Ende seiner Präsidentschaft zwangsfernsehen? Wir wissen es schlicht nicht.

Und nun also droht Wahlkämpfer Trump den säumigen NATO-Zahlern mit Aussperrung aus dem Schutzschild. Das kann er natürlich nicht, auch wäre es ebenfalls wenig klug. Aber weltweit Wirkung erzielen, das klappt wie immer, wenn der Mann auf den Tisch klopft.

So erfahren die staunenden Zuhörer, dass Oberlehrer wie Deutschland den vereinbarten zwei Prozent vom BIP noch immer hinterher hängen. Das schrieb schon Trump I den Deutschen ins Stammbuch. Trump II, falls es zu ihm kommt, wird das im Stammbuch dick unterstreichen. Ein Satz warme Ohren dürfte auch mit drin sein.

Wehklagen wird dem Olaf nicht helfen. Kommt Trump II, dann müssen nicht nur die Deutschen mit ihm besser zusammenarbeiten als in der vermaledeiten Erstauflage. Diese Erkenntnis sollte sich in Berlin schnell durchsetzen. Hoffentlich vergisst Olaf Scholz das nicht über Nacht!

Jetzt ganz ernst im Text. Donald Trumps Wahlkampfgetöse gibt den europäischen NATO-Mitgliedern die Chance der Emanzipation. Die Partner dürfen sich nicht mehr allein auf die Schutzmacht aus Übersee verlassen! In einem Bündnis muss jeder seinen korrekten Teil einbringen! Tut er das, kann er auch seinen Mund aufmachen. Die NATO wird stärker, wenn alle BIP-leistungsbezogen mitmachen.

Die US-Amerikaner, egal ob Trump oder ein anderer Präsident, werden sich jedenfalls nicht mehr ausnutzen lassen. Erst recht nicht von den Deutschen, die einen Heiko Maas zum Außenminister und einen Steffen Seibert zum Botschafter in Israel machten sowie eine Ursula von der Leyen zur Präsidentin der Europäischen Kommission hochschubsten.

Auf einen Gedanken sollte die weltgrößte Bundesregierung auf keinen Fall kommen: Im Falle Trump auf Blockade gehen! Denn das wird schiefgehen. Wetten?

Versucht es ausnahmsweise mal auf die kluge Tour

Mir wäre selbstverständlich ein jüngerer US-Politiker mit Präsidentschaftsambitionen und deutlicher Affinität zur NATO und zur Ukraine lieber. Einer der nicht alles in das Wahlkampfgetöse wirft und dabei auf Teufel komm raus Unsicherheiten riskiert. Doch betreiben die Demokraten dasselbe Spiel. Weniger laut, weniger rabaukenhaft. Jedoch genauso.

Eine sehr interessante polnische Sicht fand ich bei Jerzy J. Mackow: „Trump ist nicht daran schuld, dass WESTeuropäer (dazu rechne ich – was ein bisschen schmeichelhaft ist – Deutschland) in Sicherheits- und Verteidigungsfragen einfach Versager sind. Hoffentlich darf man Trump glauben, wenn er sagt, dass er diese Versager nicht verteidigen würde. Denn Trump ist nicht daran schuld, dass WESTeuropäer in Sicherheits- und Verteidigungsfragen einfach Versager sind.

Ich für meinen Teil kann Professor Mackow nur zustimmen. Olaf Scholz sollte mit Jerzy Mackow reden.

Als Sachse sage ich deshalb, liebe Landsleute in der Bundespolitik, sollte Donald Trump erneut US-Präsident werden, tückscht bitte nicht wieder! Versucht es ausnahmsweise mal auf die kluge Tour. Aus Trump I wissen wir, hinter seinen krawalligen Worten werden oft richtige Entscheidungen getroffen.

Wer die Transformation Deutschlands fassungslos erlebt, muss vor Trump II keine Angst haben. Es wird anders, nur nicht irrer.

 

Gunter Weißgerber war Gründungsmitglied der Leipziger SDP. Für die SDP/SPD sprach er regelmäßig als Redner der Leipziger Montagsdemonstrationen 1989/90. Gunter Weißgerber war von 1990 bis 2009 Bundestagsabgeordneter und in dieser Zeit 15 Jahre Vorsitzender der sächsischen Landesgruppe der SPD-Bundestagsfraktion (1990 bis 2005). Den Deutschen Bundestag verließ er 2009 aus freier Entscheidung. 2019 trat er aus der SPD aus. Die Gründe dafür erläutert er hier. Er sieht sich, wie schon mal bis 1989, wieder als „Sozialdemokrat ohne Parteibuch”. Weißgerber ist studierter Ingenieur für Tiefbohr-Technologie. Er ist derzeit Unternehmensberater und Publizist.

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Leserpost

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Klaus Keller / 15.02.2024

Deutschland benötigt die NATO so dringend wie die Schweiz. Ich bin für die militärische Neutralität Deutschlands. Wenn sich die Bundeswehr auf die Landesverteidigung konzentriert reichen auch Geld und Personal. Die Giftzwergstaaten, Polen und andere dürfen ihr Verhältnis zu Russland selbständig organisieren. Alt genug sind sie ja jetzt. PS In den 80er Jahren hätte die NATO zuerst taktische Atomwaffen eingesetzt weil sie konventionell unterlegen war. Daran hat sich offensichtlich, auf anderem Niveau, nichts geändert. Konventionelle Rüstung bis zum geht nicht mehr, sorgt nur dafür das die Gegenseite zuerst Atomwaffen einsetzen müsste. Ich kann darin keinen Gewinn an Sicherheit erkennen.

sybille eden / 15.02.2024

Peter ALVENSBERG, - ... der amerikanische Steuerzahler muss auch für die nicht gerade niedrigen Löhne der Hunderttausend Zivilbeschäftigten der US - Basen bezahlen, denen es damit oft besser geht als dem Malocher im Lande ! Und wenn die Deutschen nicht vom Wahnsinn des Pazifismus befallen wären, dann hätten sie jetzt eine schlagkräftige Armee von mindestens 500 000 Mann und wir bräuchten die Amerikaner nicht. Also geben sie nicht denen die Schuld ! Schuld an dem ganzen Verteidigungsdisaster ist einzig und allein ein verblödetes deutsches Volk !

Gerhard Schweickhardt / 15.02.2024

Und der SPIEGEL muss dann auch den Gang nach Canossa machen. Der abgeschlagen Kopf der Freiheitsstatue oder Trump als glühenden Meteor…was für Titelbilder zur unserer Einordnung dürfen wir Mitgenommenen dann sehen?

W. Renner / 15.02.2024

Why didn‘t Listen Angela Merkel to Donald Trump? Artikel auf unherd dot com. Mutter Blamage in Washington, auf NBC News in Trump, Merkel share unkward moment … Trump der unterschätzte Präsident, Doku Deutschland 2020. Köstlich wie er da dem Hosenanzug die Leviten liest, wegen nicht Einhaltung ihrer NATO-Verpflichtungen.

BKKopp / 15.02.2024

Die geschichtsmächtige Friedensinitive des Abraham-Accord hat Israel am 7. Oktober 2023 erlebt. Wir sehen und hören die Folgen seitdem jeden Tag. Das Abkommen hatte sicher wirtschaftlich-diplomatisches Potential, das auch zukünftig noch von Wert sein kann - sicher ist das aber nicht, weil es von Anfang an auch gegen den Iran gestrickt war, und die wirklich brennenden Problemen im Gaza und der Westbank, und mit den unmittelbaren Nachbarn Israels im Norden und Nordosten, überhaupt nicht addressiert.  Aktuell ist es wohl im untersten Tiefkühlfach, weil alle Araber, vom Golf bis Marokko,  mit unterschiedlicher Deutlichkeit die palestinensischen Araber, unterstützen,  und auch aus innenpolitischen Gründen in ihren Ländern unterstützen müssen. Waffenstillstand und Zurückhaltung wird auch immer nur von Israel verlangt, nie von der Hamas. Die Konferenzen in Kairo oder Rabat waren nichts als Israel-bashing.  Gegen die Hamas, eine nach arabisch-türkischer Lesart eine legitime Befreiungsbewegung, ist konkret niemand. Im Gegenteil, sie hat zwischen Qatar und Istanbul, und auch für das internationale Finanzmangement, absolute Narrenfreiheit. Der Autor ist in seiner Sicht auf Trump nicht nur betreffend Abraham-Accord, sondern in allem einfach nur schräg. Er hat dabei viele Gleichgesinnte, die Psychopathen und Soziopathen mehr oder weniger bewundern. Save America with God, Guns and Guts - America is broken, and I alone can fix it. Sein ehemaliger Sicherheitsberater John Bolton meint heute noch, dass Trump die Nato verlassen will.

Gerd Maar / 15.02.2024

Die USA wären wohl besser beraten dem unsicheren Kantonisten Deutschland den Rücken zu kehren und alle hiesigen Truppen nach Osteuropa zu verlegen. Diese würden dadurch auch wirtschaftlich enorm profitieren. Dass die Ausgaben der USA für deutsche Angestellte, Mieten etc. die Aufwendungen des Bundes unter dem NATO-Statut wesentlich übertreffen, wissen die Deutschnationalen natürlich nicht.

Talman Rahmenschneider / 15.02.2024

Gut, dass Sie es mal gerade rücken, das Ding mit der NATO. Das geht ja schon deutlich länger als die Ära Trump. Gemütlich kuscheln an Amerikas Pelz, nicht zahlen, aber Antiamerikanismen pushen war hier die Mode.

Gerd Maar / 15.02.2024

Lieber Herr Weissgerber, da haben Sie in das Wespennest der AfD gestochen. So sehr diese Trump bewundern, der Hass auf die NATO und den “Lehnsherrn des Vasallen Deutschland” überwiegt dennoch. Siehe Leserbriefe.

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