„Millennial Socialism“: Warum fällt der Groschen nicht?

Von Kristian Niemietz.

Der Sozialismus ist, unter dem Stichwort „Millennial Socialism“, wieder in Mode gekommen. Zahlreiche Umfragen zeigen, dass sich sowohl die sozialistische Idee im Allgemeinen, als auch konkrete sozialistische Politikrezepte wie Industrieverstaatlichungen hoher Beliebtheit erfreuen, und das insbesondere unter jungen Leuten.

Millennial Socialism ist allerdings keine Sowjet- oder DDR-Nostalgie, sondern vielmehr die Vorstellung, dass es sich bei früheren Sozialismus-Modellen nicht um „echten“ Sozialismus gehandelt habe, und dass beim nächsten Mal alles anders werden wird. Es gilt heute als vulgär und proletenhaft, einem Sozialisten das Scheitern des real existierenden Sozialismus vorzuhalten. Dumme Menschen beurteilen den Sozialismus nach seinen Ergebnissen, intelligente Menschen beurteilen den Sozialismus nach seinen ursprünglichen Intentionen – so zumindest die gängige Meinung. Wer glaubt, die Bilanz des real existierenden Sozialismus sage etwas über die Idee des Sozialismus aus, der ist nur nicht klug genug, um zu verstehen, dass Marx ursprünglich etwas völlig anderes im Sinne hatte. Einem demokratischen Sozialisten den Stalinismus oder den Maoismus entgegenzuhalten, ist in dieser Interpretation genauso prollig, als würde man einem friedlichen Muslim die Gräueltaten von al-Quaida oder dem Islamischen Staat entgegenhalten.

Fragt man Verfechter des „echten“ Sozialismus aber, was denn genau „unecht“ war am real existierenden Sozialismus, und was sie genau anders gemacht hätten, so fällt es diesen schwer, die Frage zu beantworten. Sie ziehen es dann vor, ins Abstrakte zu flüchten. Sie sprechen lieber über hochtrabende Ziele, als über konkrete Institutionen und Mechanismen. Sie bemerken dabei meist nicht, dass diese hochtrabenden Ziele nichts Neues sind, sondern dass sie damit nur paraphrasieren, was Lenin, Honecker, Ceausescu, Hoxha, Mao, Chavez usw. ursprünglich auch einmal gesagt haben. Dass im Sozialismus die Macht vom Volke ausgehen soll, und nicht von einem hierarchischen Beamtenapparat, ist keine Neuinterpretation des Sozialismus. Das war immer schon die Idee. Das wollte Lenin ursprünglich auch.

„Echten“ Sozialismus hat es noch nie gegeben

„Echte“ Sozialisten definieren den „echten“ Sozialismus über die Ergebnisse, die sie sich von diesem erhoffen. Indem sie diese Ergebnisse in die Definition des „echten“ Sozialismus hineinmischen, machen sie die Behauptung, „echten“ Sozialismus habe es noch nie gegeben, unwiderlegbar. Es ist, als würden wir einen Regentanz definieren als „einen Tanz, der Regen erzeugt“, und nicht als einen Tanz, der Regen erzeugen soll. Unter letzterer Definition könnten wir, nach einer ausreichend großen Zahl von gescheiterten Experimenten, schlussfolgern, dass ein Tanz höchstwahrscheinlich keinen Regen erzeugen kann. Unter ersterer Definition ist das nicht möglich, denn dass er Regen erzeugt, steckt ja schon in der Definition drin. Die gescheiterten Versuche können also keine „echten“ Regentänze gewesen sein, denn wenn einer von diesen echt gewesen wäre, dann hätte er ja Regen erzeugt.

„Echten“ Sozialismus, im Sinne einer hierarchielosen Arbeiterdemokratie, hat es noch nie gegeben, und es kann ihn, wie in diesem Buch erläutert wurde (Sozialismus: Die gescheiterte Idee, die niemals stirbt“, Anm. d. Red.) auch nicht geben. Da es aber eine ausreichend nebulöse Vision ist, ist es leicht, diese zeitweilig in real existierende Gesellschaftsmodelle hineinzuprojizieren. Aus dem gleichen Grund ist es ebenso leicht, diese Projektion dann rasch wieder abzuschalten. Genau das tun westliche Intellektuelle seit einem Jahrhundert. Schon vor über drei Jahrzehnten schrieb Hayek:

Die vergebliche Suche der Intellektuellen nach einer echten sozialistischen Gemeinschaft […] führt zu einer Idealisierung, und dann zur Desillusionierung, mit einer offenbar endlosen Kette von „Utopien“ – die Sowjetunion, dann Kuba, China, Jugoslawien, Vietnam, Tansania, Nicaragua“ (siehe Hayek: „Die verhängnisvolle Anmaßung. Die Irrtümer des Sozialismus“).

Diese Kette ist in der Zwischenzeit noch länger geworden.

Ein ewiger Reigen

Sozialistische Experimente durchlaufen, was ihre Wahrnehmung im Westen angeht, in der Regel drei Stufen. Es beginnt mit den Flitterwochen, einer Phase, in der das System ein paar (tatsächliche oder vermeintliche) Anfangserfolge erzielt, und in der sein internationales Ansehen dementsprechend recht hoch ist. Während dieser Phase stellen westliche Intellektuelle das Projekt gerne als Paradebeispiel für echten Sozialismus hin, welches zeige, dass der Sozialismus doch funktioniert.

Die Flitterwochen halten nie viel länger als ein Jahrzehnt an. Dann sprechen sich die Verfehlungen des Systems allmählich herum, und der internationale Ruf des Systems leidet. Jetzt beginnt die zweite, konfuse Phase, in der westliche Intellektuelle in die Defensive gehen und fieberhaft nach Ausreden suchen.

Aber irgendwann kommt immer der Punkt, an dem das Scheitern des Systems so offensichtlich und sein internationaler Ruf so irreparabel geschädigt ist, dass die meisten Sozialisten einsehen, dass sie mit der Verteidigung dieses Systems keinen Blumentopf mehr gewinnen können. Kleine Sekten von Unbelehrbaren halten immer noch daran fest, aber alle Mainstream-Intellektuellen verabschieden sich nach und nach stillschweigend. Die Party ist vorbei.

Sobald dann ein wenig Gras über die Sache gewachsen ist, beginnen westliche Intellektuelle damit, den sozialistischen Charakter des Regimes im Nachhinein zu bestreiten. Die Losung lautet jetzt: Das System war nie sozialistisch, und wer etwas anderes behauptet, der hat den Sozialismus einfach nicht verstanden.

Neue Arbeiterparadiese füllten jetzt die Lücke

Es begann Ende der Zwanziger Jahre mit der Sowjetunion. In der „Roten Dekade“ der 1930er strömten westliche Intellektuelle zu Tausenden in den „ersten Arbeiterstaat der Welt“. Während dort Millionen verhungerten, hingerichtet wurden oder sich in Gulags zu Tode arbeiten mussten, glaubten westliche Intellektuelle, sie hätten das Arbeiterparadies der Zukunft gesehen.

Erst mit dem Einmarsch der Sowjetunion in den Osten Polens endeten für die Sowjetunion die Flitterwochen, und Phase 2 begann. Als der Kalte Krieg begann, rückten westliche Intellektuelle von der Sowjetunion ab.

Mitte der sechziger Jahre war die Rote Dekade längst vergessen, und der sowjetische Sozialismus war rückwirkend zum „unechten“ Sozialismus geworden. Neue Arbeiterparadiese füllten jetzt die Lücke und selbst von diesen sind die meisten nur minimal besser. Die Leute sind also keineswegs „uninformiert“ – sie sind vielmehr systematisch fehlinformiert. Sie irren sich immer in die gleiche Richtung: Sie unterschätzen systematisch den wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt in der Welt. Auch hierin sehen wir die intellektuelle Hegemonie des Antikapitalismus. Der Kapitalismus kann noch so erfolgreich sein – es wird ihm doch nichts nützen, wenn wir die Welt immer nur durch die Brille sehen, die seine Gegner uns aufgesetzt haben.

Mehr als zwei Dutzend Versuche, sozialistische Gesellschaften zu errichten, sind grandios gescheitert. Aber der Sozialismus bleibt. Der instinktive, impulsive Antikapitalismus liegt uns einfach im Blut. Der Kapitalismus kann noch so viele Erfolge aufweisen, aber er fühlt sich einfach falsch an. Wir tolerieren ihn vielleicht, aber etwas in uns sträubt sich gegen ihn. Wer Argumente liefert, die dieses Bauchgefühl zu rechtfertigen scheinen, der kann damit leicht zum Bestsellerautor aufsteigen oder zum Dauergast in politischen Talkshows werden. Der seichteste, oberflächlichste Antikapitalismus wird beim Publikum immer besser ankommen als das durchdachteste Plädoyer für die Marktwirtschaft. Ironischerweise ist es die Ablehnung der Marktwirtschaft, die Markterfolg garantiert, während die Befürworter der Marktwirtschaft selbst den Markttest nicht bestehen.

Was tun angesichts der Diskurshoheit der Antikapitalisten?

Daran, dass die Zahl der Kapitalismushasser die der Kapitalismus-Befürworter um ein Vielfaches übersteigt, können wir nichts ändern. Das wird so bleiben. Noch viel größer aber ist die Zahl derer, die weder das eine noch das andere sind. Eine latente Kapitalismus-Aversion mag immer da sein, aber diese muss nicht immer zu einer Massenbewegung anwachsen. Beliebt wird der Kapitalismus nie sein, und es wird nie als „cool“ gelten, marktliberal oder konservativ zu sein. Aber Zahnarztbesuche und Kfz-Haftpflichtversicherungen sind auch weder beliebt noch gelten sie als „cool“, und doch führt das nicht zu Massenrevolten gegen diese.

Die YouTube-Videos von marxistischen Medienprojekten wie Novara Media erreichen im Schnitt etwa eine Drittelmillion von Zuschauern. Das ist zwar wesentlich mehr als die Zuschauerzahlen von vergleichbaren marktliberalen oder konservativen Projekten, aber es macht trotzdem nur einen Bruchteil der Corbyn-Bewegung aus, zumal, wenn man bedenkt, dass dies weltweite Zuschauerzahlen sind. Als 2017 zwei Drittel aller Wähler unter 30 ihr Kreuz bei Jeremy Corbyn machten, geschah das nicht, weil sie ihn allesamt für den Karl Marx des 21. Jahrhunderts hielten. Sie hielten Corbyn vielmehr für einen gutmütigen, grundanständigen Menschen, der ihre Probleme verstand.

Einen solchen Vertrauens- und Sympathievorschuss werden Fürsprecher der Marktwirtschaft nie genießen. Aber es gibt doch zumindest ein Pfund, mit dem Marktwirtschaftler Sozialisten gegenüber wuchern können: Anders als letztere können wir auf eine Fülle von konkreten, greifbaren, praxiserprobten Erfolgsbeispielen in der realen Welt verweisen.

Natürlich gibt es in jedem Land mit einer marktbasierten Wirtschaftsordnung auch irgendwelche Probleme. Aber es gibt eben einen riesigen qualitativen Unterschied zwischen den Problemen, die wir im Sozialismus sehen, und denen, die wir im Kapitalismus sehen. Die Probleme, die wir in sozialistischen Wirtschaften sehen, sind immer die Gleichen. Die Probleme, die wir in kapitalistischen Wirtschaften sehen, sind dagegen hochgradig ortsspezifisch; sie variieren von Land zu Land, und oft sogar von Region zu Region. Für jedes Problem, das wir in einer bestimmten kapitalistischen Wirtschaft sehen, können wir auch irgendwo eine nicht minder kapitalistische Wirtschaft finden, in der es dieses Problem nicht gibt.

Man kann so gut wie immer eine marktkompatible Lösung finden

Würde sich ein Ostdeutscher, der sich noch an die DDR erinnert, mit einem Russen, der sich noch an die Sowjetunion erinnert, einem Flüchtling aus Nordkorea, einem Angolaner, der sich noch an die dortige Volksrepublik erinnert, und einem Exil-Kubaner, über die Probleme, die sie in ihrem jeweiligen Sozialismus-Modell hatten, unterhalten, so würden sich viele Überschneidungen ergeben. Würde sich dagegen ein Deutscher mit einem Briten, einem Niederländer, einem Neuseeländer, einem Kalifornier, einem Texaner, einem Spanier und einem Japaner über die Probleme in ihrem jeweiligen Kapitalismus-Modell unterhalten, so gäbe es hier weit weniger Überschneidung.

Die beiden Amerikaner würden sich mit hoher Wahrscheinlichkeit über die extrem hohen Kosten der Krankenversicherung in ihrem Land beschweren: Die USA geben ca. 17 Prozent ihres Bruttosozialproduktes für Gesundheit aus, und etwa jeder Zehnte hat überhaupt keine Krankenversicherung. Das käme dem Niederländer vermutlich seltsam vor. In den Niederlanden, wo die Gesundheit auch nicht weniger marktwirtschaftlich organisiert ist als in den USA, bekommt man für ca. 10 Prozent des Sozialproduktes eines der besten Gesundheitssysteme der Welt (siehe Kristian Niemietz „Universal Healthcare Without the NHS“). Der Brite und der Kalifornier würden sich möglicherweise über die extrem hohen Wohnungskosten in ihrem Land beziehungsweise Bundesstaat beschweren. Der Texaner und der Spanier könnten hier nicht mitreden, denn diese sind vermutlich an wesentlich günstigeren Wohnraum gewöhnt. Der Spanier würde wohl die extrem hohe Jugendarbeitslosigkeit in seinem Land ansprechen, ein Problem, das dem Briten und dem Deutschen als weit weniger dringlich erscheinen würde.

Kurz gesagt: Was auch immer das Problem ist, man kann so gut wie immer eine marktkompatible Lösung finden, die es, zumindest näherungsweise, in der Praxis schon irgendwo gibt. Liberalismus muss also keinesfalls einfach nur eine Verteidigung des Status quo sein. Liberale können den Status quo in Teilen sogar sehr scharf kritisieren – und das ganz ohne ein Abgleiten in einen Utopismus, der dem der Sozialisten ähneln würde. Die liberale Kritik am Status quo lautet dann gerade nicht „das war kein echter Kapitalismus; echten Kapitalismus gab’s noch nie.“ Sie lautet stattdessen: „Der real existierende Kapitalismus ist schon ziemlich gut – aber er könnte sogar noch viel besser sein. In den Politikbereichen X, Y und Z finden wir in den Ländern A, B und C Ansätze, die nicht minder marktwirtschaftlich sind als unsere, und die erwiesenermaßen besser funktionieren.“

Wer so argumentiert, der kann teils sehr radikale Veränderungen fordern, und dabei doch im Bereich dessen bleiben, was bereits real irgendwo existiert. Ein Publikum, dass lieber der nächsten Utopie hinterherjagen will, wird sich davon nicht überzeugen lassen. Einem Publikum aber, das sich von der rhetorischen Schaumschlägerei der Sozialisten nicht so leicht beeindrucken lässt, könnte diese Kombination aus Reformeifer auf der einen Seite, und einer Vorliebe für das Konkrete und bereits Erprobte auf der anderen durchaus zusagen.

Den ersten Teil dieser Beitragsfolge lesen Sie hier.

Lesen Sie morgen: Von „echtem“ und „unechtem“ Sozialismus.

Dies ist ein Auszug aus „Sozialismus: Die gescheiterte Idee, die niemals stirbt“ von Kristian Niemietz, 2021, München: FinanzBuch Verlag, hier bestellbar.

Foto: Tim Maxeiner

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Albert Pflüger / 14.03.2021

Kennt jemand hier die “Gruppenarbeit?” Eine Form, auf die in der Schule große Stücke gehalten werden. Die organisierten , fleißigen Schüler hassen sie, weil sie ihnen jede Menge Zeit raubt, da sie gleichwertige Ergebnisse bedeutend schneller allein erzielen könnten,  Die unorganisierten, ineffektiven Schüler fühlen sich damit bedeutend wohler, weil ihre Minderleistung zuverlässig nicht offenbar wird. Kann man durchaus auf die Gesellschaft und ihren Gleichstellungswahn übertragen!

Helmut Löffler / 13.03.2021

Sozialismus oder Kommunismus beginnen in hochtrabenden Worten mit der Fasade zur Schaffung des »Neuen« Menschen als einer »Verbesserung« des mit Makeln behafteten heutigen - ein Narrativ, das wohl nie ganz aussterben wird. Dabei wir immer das Kollektiv, die Gemeinschaft in den Vordergrund gestellt, zu deren Wohlergehen der Einzelne seine individuellen Wünsche hintan stellen soll.  Dahinter verbergen sich jedoch Machtstreben und Neid auf andere Menschen die mehr besitzen, als man selbst. Der Kommunismus leugnet die biologische Tatsache, daß wir Menschentiere zu den hierarchisch gegliederten, Revier verteidigenden Arten zählen; wie eben unsere nächsten Verwandten, die Menschenaffen. Wenn man den Individuen ihren Besitz (Revier) nehmen und die Rangordnung schleifen will (was nur mit Gewaltanwendung geschehen kann), wird die Gruppe instabil und es bildet sich rasch eine neue Führungselite heraus, die für sich selbst sehr wohl Besitz und Rangordnung beansprucht. Durch die Hintertüre kommt es dann zur »Diktatur des Proletariats«, einer euphemistischen Verkleidung für eine brutale Diktatur, die sich u. U. über einen längeren Zeitraum zu erhalten vermag. Irgendwann kann dann die Lage der unterdrückten Bevölkerung so existenzbedrohlich werden, daß es zu Aufstand und Revolution kommt - und das ganze Spiel beginnt von neuem.

Albert Pflüger / 13.03.2021

@ Detlef Rogge Die “Verelendung” war die Folge einer veritablen Bevölkerungsexplosion, die die gleichzeitigen riesigen Produktivitätsfortschritte noch übertraf, welche das marktwirtschaftliche System zustande gebracht hatte. Die Entwicklung der Produktivkräfte konnte, obwohl sie in nie zuvor erreichtem Tempo stattfand, mit der Vermehrung der zu stopfenden Mäuler einfach nicht schritthalten. Das lag aber nicht am System, sondern an den Menschen, die auch in elender Lage die Freude am Sex nicht verlieren. Läßt sich auch heute beobachten, wie Sie wissen!

Albert Pflüger / 13.03.2021

@ Richard Rosenhain: Das ist nicht richtig so. Privateigentum gab es schon sehr früh. Selbst Schimpansen kennen es. Ich habe einen Film gesehen, wo ein Männchen mit Hilfe eines Schlagsteins und eines “Ambosses” Nüsse knackt. Ein Weibchen “bittet” mit Blicken darum, dieses Werkzeug gleichfalls benutzen zu dürfen, was ihm gewährt wird.  Es ist für mich auch nicht vorstellbar, daß frühe Jäger ihre Jagdwaffen und Werkzeuge nicht selbst hergestellt und besessen haben, ebenso wie die Kleidung. Privateigentum ist sehr, sehr alt und für den Fortschritt menschlicher Gesellschaften essentiell!

Albert Pflüger / 13.03.2021

Schon lange habe ich mich darüber gewundert, wie erfolgreich die vielen Millionen Toten der sozialistischen Versuche unter den Teppich gekehrt werden können. Die “Anfangserfolge” der Sozialisten werden regelmäßig durch den Verschleiß der Produktionsanlagen erzielt, indem die Mittel für Instandhaltung und Erneuerung in soziale “Wohltaten” umgemünzt werden. Wenn dann die Produktivität immer weiter fällt und die ersten Versorgungsschwierigkeiten auftreten, wird die Repression verschärft. Schließlich greift das Regime zur offenen Gewalt oder zur massenhaften Bespitzelung und Unterdrückung, damit die zunehmenden Schwierigkeiten nicht auf sie selbst, sondern der Propaganda entsprechend auf ausländische Imperialisten und Konterrevolutionäre zurückgeführt werden. Schließlich bricht das korrupte System zusammen, mit kapitalistischen Methoden werden die Verwüstungen beseitigt, und alsbald beginnt der Zirkus von Neuem. In Berlin wird ja lauthals die “Vergesellschaftung”  ( Euphemismus für Enteignung!) von Immobilien gefordert. Ich habe als Hausverwalter dabei mitgewirkt, die desolaten, teil menschenunwürdigen Wohnhäuser zu sanieren, die die Enteignung und Unterdrückung der Hauseigentümer hervorgebracht hatte. Nur um zu erleben, daß dieselben Kräfte, die den Verfall zu verantworten hatten, jetzt mit denselben Rezepten sich wieder zum Herren über die Immobilien aufschwingen wollen. Und die Naivlinge jubeln ihnen zu und glauben, daß man die Mieten senken kann und trotzdem alles weiterhin prima instandgehalten werden kann, wenn nur linke Bürokraten darüber wachen. Soviel Dummheit ist schwer zu ertragen!!!

Georg Prochazka / 13.03.2021

Der National-Sozialismus hat in den 12 Jahren seiner Machtausübung etwa 40 Millionen Todesopfer in Europa verursacht.  Der „Internationale Sozialismus“ hat in dem Jahrhundert seiner Existenz in mehreren Staaten auf mehreren Kontinenten wahrscheinlich über 100 Millionen Todesopfer verursacht.  Der Nationalsozialismus und seine Symbole wurden mehr oder weniger international verboten oder geächtet. Daher hat auch in vielen Ländern eine politische Diskussion und Verarbeitung dieser Ideologie stattgefunden, die zum besseren Verständnis (und Ächtung) in der breiten Öffentlichkeit geführt hat (- siehe Nürnberger Prozess).  Die Ideologie des „Internationalen Sozialismus“ wurde solch einer umfassenden Prozedur, also der Aufarbeitung der Gräueltaten und der inhärenten Unzulänglichkeiten derartiger Systeme nicht unterzogen. Warum nicht? Die Antwort auf diese Frage ist noch offen und daher geistern bzw. wuchern in vielen Hirnen diese Art von Sozialismus-Utopien immer noch umher.  Es kann keinen Sozialismus mit “menschlichem Antlitz”  geben, genau sowenig wie ein Nationalsozialismus mit “menschlichem Antlitz” je möglich war.

Joachim Krämer / 13.03.2021

@Margit Broetz:  (1) “Wer alle Fragen durch den Markt gelöst sehen möchte, will von Menschen wie Bill Gates, oder George Soros regiert werden.” Menschen wie Gates oder Soros können nur dadurch Macht im Sinne von Herrschaft (basierend auf Zwang und Gewalt) erlangen, weil sie sich mit dem allmächtigen Staat und der politischen Kaste verbünden. In einer freien Marktwirtschaft kommt dem Staat nur die Rolle des Minimalstaates zu, der ausschließlich für die auf Rechtsstaatlichkeit gegründete innere und äußere Sicherheit seiner Bewohner zuständig ist. In dieser Konstellation macht es wenig Sinn, sich für die Durchsetzung individueller Interessen an den Staat zu wenden. Es regiert eben nicht das Gesetz des Dschungels, sondern die Rechtsstaatlichkeit. Die wahren Herrscher in der freien Marktwirtschaft sind die Konsumenten, die mit ihren täglichen Kaufentscheidungen darüber abstimmen, welche Unternehmen (und Unternehmer) reich werden und welche untergehen. (2) “Wer einerseits nur Kapitalismus und auf der anderen Seite nur Sozialismus sieht wie der Autor, lebt in einer Schwarz-Weiß-Welt.” Diese Schwarz-Weiß-Welt ist nun einmal das Abbild der ökonomischen Realität. Alle sog. Dritten Wege (d.h. Mischformen aus Sozialismus und Marktwirtschaft) führen letztendlich durch andauernde Interventionsspiralen in den Abgrund, was wir gerade in Echtzeit erleben. Es hilft nichts, wir müssen uns entscheiden: Markt oder Befehl, tertium non datur !

Jürgen Steinmeier / 13.03.2021

Was in der Diskussion hier bisher übersehen wird ist, dass die Theoretiker des Sozialismus, also vor allen Marx und Engels, postulierten, dass die sozialistische Organisation der Produktion von Gebrauchsgütern effektiver sei, als die “kapitalistische”, da erstere geplant und frei von Konjunkturzyklen und periodischen Krisen sei. Dies würde dann zu allgemeinem Reichtum, dem tendenziellen Verschwinden von Verbrechen und letztlich zum Verschwinden des Staatsapparates selbst führen. Dieser Optimismus des “Reichtum für alle” war der Dreh- und Angelpunkt der ganzen Theorie. Diese ist durch die Praxis falsifiziert und angesichts der nackten Zahl der Menschen schon ökologisch abwegig. Marx und Engels hatten—ihrer Zeit entsprechend—ein mechanistisches Weltbild, sahen also die Welt analog zu einem großen Uhrwerk, das zum allgemeinen Wohlstand nur noch optimal zu organisieren sei. Dies ist vom heutigen Wissensstand aus gesehen, dermaßen veraltet, dass man sich fragen muss, warum es dennoch heute noch Sozialisten gibt. Es ist wohl doch unser genetisches Erbe.

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